Studierende und Armut: Eine unsichtbare Realität

Das Studentenleben wird oft als eine Zeit voller spannender Erfahrungen, interessanter Wissenserweiterung und neuer Freundschaften dargestellt. Doch hinter diesen vielfach romantischen Vorstellungen (der Universitäten) verbirgt sich eine bedrückende Realität: Immer mehr Studierende sind von Armut bedroht.

Hast du gewusst, dass über ein Drittel aller Studierenden (37,9 %) in Deutschland armutsgefährdet ist? Die Quote liegt damit sehr deutlich über derjenigen für die Gesamtbevölkerung in Deutschland von 14,7 %. Die steigenden Kosten für das tägliche Leben, vor allem in großen Städten, stellen eine enorme finanzielle Belastung für Studierende dar. Die Mieten sind extrem hoch, hinzu kommen Studiengebühren und weitere Ausgaben für Bücher und Arbeitsmittel, doch die finanzielle Unterstützung, wie zum Beispiel das BAföG, reicht oft nicht aus, um alle grundlegenden Bedürfnisse zu decken. Die jüngste Erhöhung um 5,75% ist ein Tropfen auf den heißen Stein, da der Zuschlag von der Inflation aufgefressen wird. Zudem muss man wissen, dass nur etwa 11 % aller Studierenden BAföG erhalten, und von diesen 11 % leben sogar 45 % in Armut.

Armut hat ernsthafte Auswirkungen auf das Leben der betroffenen Student:innen. „Ständige Existenzängste machen keine guten Akademiker“ sagt Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. Untersuchungen bestätigen, dass sich Studierende in finanzieller Not häufig sehr gestresst fühlen. Sie haben Schwierigkeiten sich auf ihr Studium zu konzentrieren und erzielen somit schlechtere Studienleistungen. Viele sehen sich gezwungen, ihre Studienzeit zu verlängern oder sogar das Studium abzubrechen, da sie (neben dem Lernen) zu viele Stunden in unterschiedlichen Jobs arbeiten müssen, um über die Runden zu kommen. Dadurch sind die Bildungschancen ungleich verteilt und die Möglichkeit eines sozialen Aufstiegs, die das Bildungssystem eigentlich bieten sollte, gerät in Gefahr.

Um der Armut unter Studierenden entgegenzuwirken, müssen wir alle gemeinsam umdenken und geeignete Maßnahmen ergreifen. Es ist äußerst wichtig, das BAföG auszuweiten, erschwinglichen studentischen Wohnraum zu schaffen, um die Belastung durch Mietkosten zu verringern. Dafür wurde bereits ein Programm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung ins Leben gerufen, das den Bau von kostengünstigen Wohnheimen unterstützt. Zusätzlich können lokale Initiativen und Solidaritätsprojekte Studierenden in finanzieller Notlage helfen. Bedürftige Studierende erhalten z.B. im Saarland und anderen Universitäten wie Bochum, Rostock oder Aachen kostenlose Mahlzeiten in der Mensa. Außerdem bieten die Studierendenwerke Vergünstigungen (Gebührenbefreiung, Telefonsozialtarif) und Sozialberatungen an.

Die Schaffung von Stipendien oder zinslosen Darlehen für Studierende in finanzieller Notlage wäre eine weitere Möglichkeit, um die Chancengleichheit im Bildungssystem zu verbessern.

Armut unter Studierenden ist eine unsichtbare Realität, die auch dich oder deine Freunde betreffen könnte. Es ist dringend erforderlich, Maßnahmen zu ergreifen, um die finanzielle Belastung für Studierende zu verringern und ihnen eine faire Chance auf Bildung und berufliche Entwicklung zu ermöglichen. Lasst uns gemeinsam dafür kämpfen, dass Bildungsgerechtigkeit und soziale Mobilität keine leeren Versprechen bleiben. Es liegt an uns, Veränderungen anzustoßen und eine bessere Zukunft für alle Studierenden zu schaffen.

Autorin: Mirjam Messingschlager

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