Die Macht der Psychologie in der Wirtschaft

Die Verhaltensforschung liefert schon seit Jahrzehnten Belege dafür: wirtschaftliche Entscheidungen werden von menschlichen Eigenschaften und Schwächen beeinflusst. Welche Bedeutung haben Bauchentscheidungen in der Wirtschaft?

Wer schon mal abends allein in einer fremden Stadt ein Restaurant gesucht hat, kennt die Szene: eine Hauptstraße, zwei Gasthäuser mit ähnlichem Angebot – da kann man sich oft nur aus dem Bauch heraus für ein Lokal entscheiden. Ist das eine Restaurant aber noch leer, während das andere an ein oder zwei Tischen besetzt ist, wird vermutlich nicht das leere Lokal gewählt werden. So kann es passieren, dass das eine Restaurant immer voller wird und das andere leer bleibt.

Dass auch die bereits anwesenden Gäste nur gefühlsmäßig entschieden haben, wissen die später kommenden nicht. Sie werten die besetzten Tische als Qualitätssignal. Auch wenn es nur Vermutungen waren.

Der Bauch entscheidet mit

Ähnliche Phänomene finden sich in vielen Bereichen der Wirtschaft. Firmenpleiten, private Überschuldungskrisen und sogar Konjunktureinbrüche können regelrecht herbeigeredet werden. Manchmal wird gesagt: Die Stimmung ist schlechter als die Lage. Nicht selten wird auch die Lage zu günstig eingeschätzt und eine falsche Entscheidung getroffen. Woran liegt das? Wirtschaften ist Teil der menschlichen Lebenspraxis im Beruf, in der Familie und im Verein. Entscheidungen und Handlungen sind nicht nur auf Faktenwissen und Erfahrung gegründet, sondern auch von Stimmungen und Erwartungen, von Optimismus und Pessimismus, beeinflusst. Und was heute getan wird, wirkt sich auch auf die Zukunft aus.

Seelenmassage

Schon Ludwig Erhard, „Vater“ der Sozialen Marktwirtschaft, hat immer betont, dass die Menschen durch ihr Tun und Unterlassen die wirtschaftliche Entwicklung prägen. In der Wirtschaftspolitik hat er auch „Seelenmassage“ als Instrument genutzt, und zwar – je nach Konjunkturlage – durch Appelle, „den Gürtel enger zu schnallen“ oder „Mut zum Konsum“ zu haben. Damit lässt sich das gesamtwirtschaftliche „Konsumklima“ beeinflussen.

So „tickt“ der Wirtschaftsmensch

In der Liebe wie in der Wirtschaft – Entscheidungen werden von Menschen mit ganz normalen Stärken und Schwächen getroffen. Leicht schleichen sich schon bei der Wahrnehmung Fehler ein: Neue Informationen werden überbewertet, bereits gemachte Erfahrungen verdrängt. Auch zu hohe Erwartungen und überschätzte Fähigkeiten verleiten schnell zu (Fehl-)Entscheidungen. Die gute Nachricht ist, dass auch die menschlichen Stärken mitentscheiden: Wir können uns selbermotivieren, mit kreativen Ideen vieles erreichen und uns in manchen Situationen sogar „am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen“.

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